Immer diese Selbstzweifel

Früher, angestellt und mehr als acht Stunden in der Firma, da hätte er mehr gearbeitet als jetzt freiberuflich und zuhause, klagte kürzlich ein Kollege. Stimmt das? Ja, aber auch nein, stellten wir fest, als wir der Sache auf den Grund gingen.

Ja, im Büro hat er mehr gearbeitet – jedenfalls für den Job. Was soll man auch sonst machen in einem Büro? Zuhause gibt es Alternativen, das muss man als Homeworker zugeben. Womit wir aber schon bei der Frage sind: Was ist eigentlich Arbeit? Ok, wenn der Homeworker und sein Kasten Bier sich vor die Glotze hängen und Terminator 1 bis 27 reinziehen, dann ist das keine Arbeit. Aber muss man sich wirklich in Selbstvorwürfen ertränken, wenn man „nur“ sechs Stunden statt zehn für den Job arbeitet und anschließend einen Garten umgräbt, das Auto der Nachbarin repariert oder Marmelade für Freunde kocht und somit unsere Welt ein Stückchen freundlicher macht? Da sollte sich der Homeworker doch lieber freuen, dass er die Freiheit hat, sich vielseitig zu betätigen.

Interessant wäre es auch, mal nachzumessen, wie produktiv man über längere Sicht ist. Ausgeruht jedenfalls schaffen die meisten Menschen mehr in kürzerer Zeit. Teilzeit ist produktiver, liest man immer wieder, beispielsweise bei der Hans-Böckler-Stiftung. Vielleicht liegt es auch daran, dass im Büro gar nicht so viel gearbeitet wird, wie man denkt? Denken wir nur an endlose, sinnlose, ergebnislose Meetings. Oder an das Erstellen umfangreicher Arbeitsberichte, die niemand liest. Ein Drittel der Arbeitszeit in Unternehmen werde unproduktiv verschwendet, liest man immer wieder, kürzlich beim Fraunhofer Institut. Dann vielleicht doch lieber Terminator gucken oder Marmelade kochen?

Aber irgendwie ist es halt immer so uncool, wenn man es schafft, Filme zu sehen und zu kochen und zu helfen, und die anderen immer nur stöhnen, dass sie zu nichts, aber auch gar nichts Zeit haben, weil sie sooo viel arbeiten …

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Alltag

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