Immer kurz vor Schluss

Es gibt da dieses kleine, aber gemeine Laster, immer kurz vor Schluss mit der Arbeit aufzuhören, wenn eigentlich noch ein bisschen was zu tun übrig ist.

Das geht so:

Vom Schreibtisch aufspringen und Kaffee trinken gehen, kaum dass der Hörer nach der Projektverhandlung aufgelegt ist.

Raus rennen, sobald der Text seine letzte Zeile erreicht hat.

Nach der Besprechung ins Büro kommen, die Tasche in die Ecke schleudern und erstmal nette Leute anrufen.

Nichts gegen Pausen, aber eigentlich wären noch diverse Aufgabenvollendungsvorgänge zu erledigen, die nun vergessen werden, weil nach der Flucht Pause schon das nächste Projekt ansteht:

Notizen ergänzen (das kommt uns doch irgendwie bekannt vor?);

Dateiordner anlegen und Sicherungskopien ziehen;

Besprechungsunterlagen wegsortieren;

den Schreibtisch aufräumen.

Das Ergebnis des vorzeitigen Arbeitsabbruchs:

Mühsame Dateisichtungsaktionen nach Wochen;

Peinliche Telefonate, um Erinnerungslücken wegen nicht vervollständigter Notizen zu schließen;

Stundenlanges Wühlen in den unsortierten Projektrestestapeln, die tage-, wochen-, monatelang liegen bleiben;

Kräftezehrende Aufräumaktionen, nach denen man erst recht nichts mehr findet, weil ihre Ordnung künstlich erzwungen wurde und nicht aus dem Arbeitsprozess heraus wachsen konnte.

Also, ich erkläre das Problem hiermit offiziell als erkannt. Bleibt die Frage, was nun? Erste Disziplinierungsanläufe haben erbracht, dass ich mich wenigstens dabei ertappe, dass ich in der Küche stehe und Kaffee schlürfe, bevor der Schreibtisch aufgeräumt ist. Weitere Erfolge kann ich auf der mentalen Schiene leider noch nicht vermelden. Vielleicht ist eine elektronische Lösung besser, festketten am Schreibtischstuhl mit Zeitschaltuhr oder etwas in der Art.

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Alltag,Arbeiten,Selbstmanagement | 2 Kommentare

2 Kommentare bisher

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  1. 15. Dezember 2010 um 10:04 Uhr

    text-burger sagt,

    Es liegt an der Freude darüber, dass der große Klops Arbeit fertig ist. Die kann man sich doch nicht mit Aufräum-Arbeiten verderben. Die muss warten. Bei mir mitunter recht lange… :-)

  2. 20. Dezember 2010 um 18:40 Uhr

    Jürgen sagt,

    @Gudrun: nach 27 Jahren Selbständigkeit komme ich zur Erkenntnis, dass so ist wie es ist und das ein sowohl-als-auch immer besser ist als ein entweder-oder. Hauptsache, man nimmt es mit Humor 😉 Danke für deinen netten, offenen Beitrag.

    Kreativität setzt wohl organisiertes Chaos voraus, mit Lücken und Fehlern. Zeitplan- oder Projektmanagementsysteme haben mir im übrigen nie geholfen. Auch die Elektronik nüscht – elektronische Fußfessel inklusive. Was ich zur Zeit spannend finde: Co-Working-Spaces. Die schießen deutschlandweit wie Pilze aus dem Boden. Sozialer Gruppendruck statt Elektronik und Selbstappelle?

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