Lasst doch mal die Kinder in Ruhe

Nichts ist unheimlicher als Kinder, die tun, was sie tun sollen. Ruhig sein zum Beispiel, wenn man um Ruhe gebeten hat, um arbeiten zu können. Und dann kommen sie tatsächlich nicht mehr rein!

Was jetzt?

Arbeiten wär gut, scheidet aber aus wegen akuter Konzentrationsstörung. Diese Ruhe ist einfach zu merkwürdig. So schleicht der nervenschwache Elternteil schon nach wenigen Minuten aus seinem Homeoffice zu den Kindern rüber, um zu sehen, warum sie denn nicht stören. Da entdeckt er die unterschiedlichsten Dinge. Drei Beispiele:

A – Die Kinder spielen friedlich und allen elterlichen Vorstellungen entsprechend mit Autos, Lego oder Puppen.

B – Die Kinder hatten Hunger, wollten aber nicht stören und schlagen sich jetzt den Bauch mit Keksen voll.

C – Die Kinder sind erst nach längerer Suche unter einem seltsamen Haufen zu entdecken, der sich bei näherem Hinsehen als Gebäude aus Tischen, Stühlen und Decken entpuppt, die eigentlich für andere Zwecke gedacht sind.

Was tut der Elternteil nun?

Im Fall A freut er sich aktiv über die Kinder, die „so schön“ spielen. Er holt seinen Fotoapparat und macht ein Bild, er schaut sich genau an, was die Kinder da bauen, er zeigt ihnen, was er früher für tolle Raumschiffe aus Lego gebaut hat und greift gleich selbst mal nach der Legokiste. Erst nach einer Weile, als er mitkriegt, dass die Kinder jetzt mit Autos spielen, geht er in sein Arbeitszimmer zurück.

Im Fall B schimpft er mächtig, hält einen ernährungswissenschaftlich wertvollen Vortrag über gesunde und ungesunde Ernährung, konfisziert die Kekse, hält einen hauswirtschaftlich wertvollen Vortrag über Krümel, saugt selbige weg, geht  in die Küche und bastelt einen Obstteller.

Im Fall C stößt unser Elternteil einen tiefen Seufzer aus und beginnt ein langes, anstrengendes Streitgespräch über das Thema „Könnt ihr denn nie mal was Vernünftiges spielen?“. Anschließend verwickelt er sich in eine lange, anstrengende Auseinandersetzung über das Aufräumen der Wohnung und den Zeitpunkt desselben.

Was schlussfolgert der Elternteil?

Im Fall A: Die Kinder brauchen eben doch immer wieder die Inspiration und Anregung durch einen Erwachsenen.

Im Fall B: Man kann diesen Gören nicht eine Minuten den Rücken drehen.

Im Fall C: siehe Fall B.

Was lernen die Kinder in Bezug auf Eltern, Homeoffice und Störungen?

Nichts.

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Alltag,Selbstmanagement | 4 Kommentare

4 Kommentare bisher

RSS Feed abonnieren

  1. 17. November 2009 um 08:31 Uhr

    Julia sagt,

    Köstlich!

  2. 17. November 2009 um 08:55 Uhr

    MilkaTPunkt sagt,

    Herrlich, das war der richtige Einstieg für meinen heutigen Tag im Homeoffice.
    Bin immer wieder entzückt darüber, dass ich nicht die einzige mit solchen Kindern und Macken bin (Obstteller basteln, saugen statt schreiben…).
    Wünsche einen produktiven Tag!

  3. 17. November 2009 um 23:12 Uhr

    Silke J sagt,

    Was waren noch mal die Gründe für die Einrichtung eines Homeoffices und den Weg in die Freiberuflichkeit? Achja, Kinder und Beruf unter einen Hut kriegen in einem friedlichen Nebeneinader. Illusion! Graue Theorie! Böser Spaß! Alternative? Nicht in Sicht. Beim nächsten Fall B setze ich mich einfach dazu und esse mit. Dank dieses augenöffnenden Texts sehe ich meine Aufgabe nun ganz klar vor mir: mit den Kindern verbünden, das ist die Lösung.

  4. 20. November 2009 um 20:02 Uhr

    Petra sagt,

    Klasse, gerade wollte ich nach so einem Tag mit Fall D 😉 den Kopf in den Sand stecken, aber davor noch kurz meine Mails sichten, lande über den Newsletter Gott sei dank hier und kann nun ganz entspannt mein Büro Büro sein
    lassen in dem Wissen, dieses Chaos ist gaaanz normal.
    Danke.

Kommentare sind deaktiviert.