Wie es wirklich zugeht im Homeoffice…
… berichtet Zeitonline, die ihre Leser um Einblicke in ihrer häusliche Arbeitswelt gebeten hatte und die teils sehr lustigen Antworten hier zusammenfasst.
… berichtet Zeitonline, die ihre Leser um Einblicke in ihrer häusliche Arbeitswelt gebeten hatte und die teils sehr lustigen Antworten hier zusammenfasst.
Wie wohltuend ist es doch, ein lautes „aaaah“ von sich zu geben, wenn man stundenlang am Schreibtisch hockt und sich endlich mal ausstreckt. Und wie irritierend, wenn dann jemand fragt: „Bitte, was hast du gesagt?“ Alleinarbeiten kann schrullig machen, oder? Ob Schmerzensschrei, wohliges Seufzen oder enthemmtes Kichern: Unbeobachtet ist auch ungehört. Richtig peinlich wird es, wenn nicht man selbst sich beim Selbstgespräch ertappt, sondern jemand anders.
Allerdings schützt auch langjährige Teamarbeit keineswegs vor nervigen Geräuschabsonderungen. Voller Grauen erinnere ich mich an einen Bürogenossen, der sich beim Texten unablässig räusperte, alle paar Sekunden, stundenlang, bis das Werk endlich fertig geschaffen war. Abends dürfte er mit Halsschmerzen nach Hause gegangen sein. Noch schlimmer: Nase hochziehen. Am allerschlimmsten: Zähneknirschen. Da sehnt man sich doch nach den Kollegen, die enthemmt telefonieren, das stört zwar auch die Konzentration, verursacht aber wenigstens keine Kopfschmerzen!
– Das nur mal zwischendurch für alle, denen gelegentlich die Vorteile des Alleinarbeitens entfallen.
Luftschnappend spazierte ich eben um den Block und kam an einem Arbeitsplatz vorbei, der mir zu denken gab. Und zwar befindet er sich in einem dieser Ladenlokale, die zum Büro umfunktioniert worden sind. Sprich, es gibt große ebenerdige Schaufenster, durch die man alles sehen kann. Speziell in diesem Büro bedeutet “alles” wirklich: alles. Der Mensch, der dort arbeitet, sitzt nämlich mit dem Rücken zum Fenster! Man sieht also nicht nur, dass er am Schreibtisch ist, sondern man sieht auch über seine Schulter auf seinem Bildschirm, was er dort tut. Wenig überraschend, er arbeitet.
Welch toller Trick, dachte ich beim Vorbeigehen, um sich zu disziplinieren! Wer keinen Chef oder nicht genug Druck hat, macht einfach seine Mitmenschen zu Aufpassern. Wenn mir die ganze Nachbarschaft plus die großen und kleinen Besucher eines gegenüberliegenden Fußballplatzes plus durch die Straße eilende Passanten bei der Arbeit über die Schulter schauen, dann klicke ich lieber nicht zwischendurch auf Pausenspiele, Youtube oder Blubberforen.
Oder doch?
Ich war plötzlich nicht mehr sicher, ob alle Menschen so denken wie ich, und falls nicht, zu welcher Sorte dieser Mensch in dem Schaufenster gehörte. Es durchzuckte mich die Furcht, er könne vielleicht gerade in dieser Minute auf einer ganz privaten Seite unterwegs sein. Wie indiskret von mir, ihn dabei beobachten zu wollen! Ich schämte mich und eilte weiter, ohne noch genauer auf seinen Bildschirm zu schauen.
Wenn nun dieser Mann da drin nicht so denkt wie ich, die anderen Passanten aber doch, dann kann man diese Form der Selbstdisziplinierung natürlich knicken. Andernfalls wär es vielleicht einen Versuch wert?
Dass Angestellte in den Räumen des Unternehmens zu arbeiten haben, ist so normal, dass niemand darüber berichtet. Anders liegt der Fall bei Yahoo. Darüber wurde geschrieben, weil die Mitarbeiter jahrelang die Freiheit genossen, zu arbeiten wo sie wollten. Nun ist Schluss mit diesem beneidenswerten Zustand, steht auf Süddeutsche.de: Das Homeoffice ist ab Juni abgeschafft. Ausgerechnet bei einem der Pioniere der schönen, neuen, virtuellen Arbeitswelt.
Als Grund ist zu lesen, dass man bei zu vielen Mitarbeitern aus den Augen verlor, was sie eigentlich tun… Ob allerdings daran die Anwesenheit im Unternehmen etwas ändert? Man darf gespannt sein.
Die vermutlich am weitesten verbreitete Phantasie über Homeworker dürfte sein, dass sie im Schlafanzug vor sich hingammeln. Jedenfalls taucht das Utensil Schlafanzug bemerkenswert häufig auf, wenn es um die Arbeit in den eigenen vier Wänden geht.
“Ein Arbeitstag im Schlafanzug” betitelt zum Beispiel die Hannoversche Allgemeine Zeitung einen Artikel der geschätzten Kollegin Katrin Schreiter, an dem ich mitwirken durfte und der die Selbstorganisation im Homeoffice thematisiert. Zwar taucht in dem Text kein einziger im Schlafanzug arbeitender Homeworker auf, aber der Titel ist trotzdem ein Hingucker. Es reizt irgendwie zum Kichern, die Vorstellung, dass jemand online oder telefonisch den Profi raushängt und dabei so überaus privat gekleidet ist.
Wer allerdings selbst zuhause arbeitet, dem bleibt das Lachen zuweilen im Halse stecken. Ok, mit Selbstironie und Humor kommt man besser durchs Leben. Andererseits ist ein Schlafanzugimage nicht gerade das, was man sich aussuchen würde, oder?
Und außerdem frage ich mich, ob es eigentlich eine nennenswerte Zahl von Homeworkern gibt, die wirklich im Schlafanzug arbeiten. Man müsste mal die Dächer über den häuslichen Arbeitsräumen abheben können…
Heute möchte ich auf zwei lesenswerte Artikel aufmerksam machen.
In der taz schreibt Anne Haeming unter dem Titel “Einer für die Kleinstadt” über einen Journalisten namens Klaus Fischer, der ganz allein den Lokalteil Ettenheim der Badischen Zeitung produziert. Der Artikel beschreibt sehr anschaulich, wie es zugeht beim Alleinarbeiten, schildert Einsamkeit und Freiheit. Man lernt übrigens auch was über die – leider frustrierende – Arbeitsrealität mancher Medienschaffenden.
Spiegel online hat ein Interview mit dem Chef des Berliner Cafés St. Oberholz, Ansgar Oberholz. Vorwarnung: Darin geht es weder ums Alleinarbeiten, noch präsentiert sich Ansgar Oberholz als Einzelkämpfer. Aber das St. Oberholz ist ein berühmter Ort für Allein-Arbeiter, denn war eines der ersten Cafés mit Internetzugang, und hier sitzt die Laptop-Generation, bis vor einiger Zeit “digitale Bohème” genannt. Wie unplanmäßig alles angefangen hat, ist in dem Interview nachzulesen. Anlass: Oberholz hat ein Buch geschrieben über sein Café.
Einen differenzierten Blick auf Coworking hat Janet Merkel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), entwickelt. Sie hinterfragt, ob es in den Coworking-Spaces wirklich immer so kreativ und kommunikativ zugeht, ist im Interview auf changeX zu lesen.
Bei Unternehmenskick fragt Gitte Härter in einem Selbstcheck-Katalog unter anderem: “Schämen Sie sich für Ihr Home-Office?”
Diese Frage habe ich im ersten Moment überhaupt nicht verstanden. Was könnte peinlich sein an einem Homeoffice? Im Gegenteil reagieren doch viele Menschen mit einer gewissen Bewunderung, denn sie wissen, dass es eine Herausforderung für Disziplin und Selbstorganisation sein kann, zuhause zu arbeiten. Vielleicht ist auch die Frage, wie man es mitteilt, dass man zuhause arbeitet. Wer drucksend damit herausrückt, erweckt eher Mitleid, klar. Aber wieso sollte man drucksen?
Inzwischen ist es doch sogar ein Zeichen einer gelingenden Karriere zu wählen, wo man arbeitet. Menschen, denen der Arbeitgeber oder Auftraggeber nicht diktiert, wann sie im Büro sein sollen, haben etwas geschafft. Die Freiheit, die man ihnen lässt, zeigt, wie ihre Arbeit geschätzt wird.
Ich kenne überdies keinen Fall, wo ein Homeoffice eine Notlösung wäre, oder, anders formuliert: Wer davon genug hat, findet über kurz oder lang immer eine praktikable Bürolösung, auch wenn die Kosten schlank bleiben sollen.
Dass die Frage nach dem Schämen aber doch eine Berechtigung hat, wurde mir klar, als ich an Besucher dachte. Geschäftspartner oder Kunden zu empfangen ist zuhause natürlich etwas anderes als in einem Bürohaus. Da kann, wenn das Homeoffice sehr persönlich und privat ist, natürlich ein gewisser Vorbehalt entstehen.
Andererseits habe ich auch schon sehr lausige Büros und Geschäftshäuser gesehen, solche, die man betritt und wo man denkt: Die armen Menschen, die jeden Tag in diesem Gebäude arbeiten müssen – welch Glück, zuhause bleiben zu dürfen.
Angeblich werden wir bald alle dauernd woanders arbeiten. Nicht nur die Freiberufler, die zwischen Homeoffice, externem Büro, Coworking, Café oder Kundenbüro wechseln. Sondern auch die Menschen, die immer ins gleiche Firmengebäude gehen, sollen der Vision zufolge künftig mobil sein und mal hier, mal da sitzen, je nachdem, in welchem Team sie gerade tätig sind.
Manche gruselt es ja, wenn sie lesen, dass der herkömmliche feste Arbeitsplatz an immer demselben Schreibtisch ein altmodisches Auslaufmodell sei. Ok, Schreibtischnomadentum ist nicht jedermanns Sache. Aber viele Skeptiker übersehen eine Sache: Nämlich, dass man dann immer einen aufgeräumten Schreibtisch vorfindet. Schaut Euch doch mal um in den Büros. Die festen Schreibtische – ein Bild des Jammers. Jahrzehntealte Materialstapel, Zettelwirtschaft, Kaffeetassen. Keine freie Fläche mehr. Gute Tage sind, wenn noch Platz ist, um die Maus zu bewegen.
An den Arbeitsplätzen der Aushilfen dagegen sehen wir: Die Zukunft ist hell, sauber und ordentlich. Diese Arbeitsplätze, abwechselnd und rotierend genutzt, bieten Freifläche, wohin das Auge blickt. Man kann sich hinsetzen (ja, auch die Stühle sind frei!), Sachen ablegen, ohne vorher erst umräumen zu müssen, und einfach loslegen.
Leute, das wird toll!
Hier gibts was zu gucken: Das lesenswerte Blog textanfall beschäftigt sich heute mit inspirierenden Arbeitsplätzen und freut sich auch über Beiträge dazu.