Selten so geliebt wie jetzt: Homeoffice

Was haben sich unsere Ahnen nur dabei gedacht, hier zu siedeln? frage ich mich seit Tagen, wenn ich einen Blick nach draußen wage, und anschließend denke ich mit wärmster Zuneigung an jenes unbekannte Genie, welches das Homeoffice erfunden hat.

Ich weiß zwar, man soll sich nicht einigeln, sonst droht der Winterblues. Diesen Rat habe ich selbst schon verbreitet. Aber die Wahrheit ist: Zurzeit wär ich froh, wenn ich wenigstens das Blues-Stadium erreichen würde. Dann wäre ich auf jeden Fall fröhlicher und dynamischer als jetzt, wo ich zu oft aus dem Fenster geschaut habe in ein Szenario, das eine kluge Freundin von mir „Selbstmordwetter“ nennt.

Gestern musste ich, allen Befindlichkeiten zum Trotz, vor die Tür. Mir schwante schon nichts Gutes, als ich die Moderatorin im Radio etwas von „weiße Pracht“ faseln hörte. „Weiße Pracht“ steht in meiner Metropole für „grauer Schlamm“, dieser Tage „nasser grauer Schlamm“. In solchem ruinierte ich meine Stiefel und versuchte mir die Sache  dahingehend schönzudenken, dass man doch immerhin auf Mitmenschen trifft, wenn man draußen ist!

Aber ehrlich: Die Mitmenschen waren keine Lichtblicke. Sowas von gar nicht. Mir schlurften elende Gestalten entgegen, denen Wind und Schneeregen in Gesichter blies, die noch grauer waren als das Grau, das sie umgab. Ihre Mundwinkel hingen so weit herab, dass sie aufpassen mussten, nicht draufzutreten. Ihre Nasen tropften. Oder waren es Tränen? Menschen, denen ich näher kam, röchelten und schnieften und erinnerten mich an die Nachrichten von gestern abend, denen zufolge die Influenza-Grippe dieses Jahr besonders heftig wütet.

Selten liebe ich mein Homeoffice mehr als in solchen Zeiten. Ab jetzt geh ich nur noch raus, um Schokolade zu kaufen.

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Alltag | 1 Kommentar

Solo-Selbstständige zu hoffnungsvoll?

Es gibt immer mehr Solo-Selbstständige – also Unternehmer, die allein tätig sind, ohne Mitarbeiter. Das meldet heute das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW), das die Entwicklung der Jahre 2000 bis 2011 analysiert hat. Demnach sind inzwischen 2,6 Millionen Menschen in Deutschland Solo-Selbständige – ihr Anteil an allen Selbstständigen liegt bei 57 Prozent.

Als Grund für den Schritt in die Selbstständigkeit haben viele Befragte angegeben, dass sie ihr eigener Chef sein und eigene Ideen umsetzen wollten. Ob das gelingt, sagt das DIW nicht. Wenn man aber die Märkte der für Solo-Selbstständige typischen Berufe betrachtet, sind Zweifel erlaubt. Der Studie zufolge sind vielen von ihnen künstlerisch-kreativ tätig. In diesen Bereichen ist es nicht leicht, erträglich zahlende Auftraggeber zu finden – die jedoch braucht, wer eigene Ideen umsetzen möchte. Mit den Schwierigkeiten auf den Märkten für künstlerisch-kreative und ähnliche Berufe dürfte auch zu tun haben, dass viele Menschen sich selbstständig machten, weil sie keinen festen Job finden konnten.

Der am zweithäufigsten mit der Selbstständigkeit verbundene Wunsch hieß übrigens “mehr Geld verdienen”. Sollen wir darüber lachen, weil Optimismus schließlich was schönes ist? Oder sollten wir weinen, weil die Chancen auf Reichtum für Solo-Selbstständige doch eher grottig sind? Bei letzterem haben wir noch eine Pest-oder-Cholera-Wahl: Entweder sind die Selbstständigen in spe schlechte Rechercheure gewesen. Oder die anderen Jobs waren so unterirdisch schlecht bezahlt, dass das Selbstständigendasein trotz seiner Kargheit vorzuziehen war… wie gruselig!

Hören wir lieber auf zu denken und hoffen wir, dass es als Happy End zu betrachten ist, dass knapp die Hälfte der Solo-Selbstständigen in den ersten fünf Jahren ihre Selbstständigkeit wieder aufgaben und in eine Festanstellung wechselten.

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Denken,Geschäft,Kollegen

Der Schlafanzug, ein Hingucker

Die vermutlich am weitesten verbreitete Phantasie über Homeworker dürfte sein, dass sie im Schlafanzug vor sich hingammeln. Jedenfalls taucht das Utensil Schlafanzug bemerkenswert häufig auf, wenn es um die Arbeit in den eigenen vier Wänden geht.

“Ein Arbeitstag im Schlafanzug” betitelt zum Beispiel die Hannoversche Allgemeine Zeitung einen Artikel der geschätzten Kollegin Katrin Schreiter, an dem ich mitwirken durfte und der die Selbstorganisation im Homeoffice thematisiert. Zwar taucht in dem Text kein einziger im Schlafanzug arbeitender Homeworker auf, aber der Titel ist trotzdem ein Hingucker. Es reizt irgendwie zum Kichern, die Vorstellung, dass jemand online oder telefonisch den Profi raushängt und dabei so überaus privat gekleidet ist.

Wer allerdings selbst zuhause arbeitet, dem bleibt das Lachen zuweilen im Halse stecken. Ok, mit Selbstironie und Humor kommt man besser durchs Leben. Andererseits ist ein Schlafanzugimage nicht gerade das, was man sich aussuchen würde, oder?

Und außerdem frage ich mich, ob es eigentlich eine nennenswerte Zahl von Homeworkern gibt, die wirklich im Schlafanzug arbeiten. Man müsste mal die Dächer über den häuslichen Arbeitsräumen abheben können…

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Arbeiten,Geschäft,Kollegen,Selbstmanagement | 4 Kommentare

Vermehrt

Die Solisten unter den Selbstständigen sind mehr geworden; Solo-Selbstständige stellen jetzt die Mehrheit der Unternehmer. Das steht in einer Kurzstudie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Ihre Autoren sehen die Ursache in den technischen Entwicklungen, die es Einzelpersonen ermöglichen, vielfältige Dienstleistungen anzubieten. Außerdem wirke sich die staatliche Förderung für Existenzgründer bis 2006 aus.

Diejenigen, die als Ich-AG gefördert wurden, sind übrigens zu zwei Dritteln allein geblieben.  (Das Programm lief von 2003 bis 2006).

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Denken,Geschäft

Unterdurchschnittlich erfolglos

Nicht mal 3 Prozent der Selbstständigen stocken ihr Einkommen mit Hartz IV auf, verbreitet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) dieser Tage in einer Meldung.

Falls jemand etwas anderes gelesen zu haben glaubt, kann das daran liegen, dass das IAB selbst die Meldung auf ihre dramatischere Seite zugespitzt hat. “Mehr als 100.000 Selbständige müssen mit Hartz IV aufstocken”, lautet ihr Titel. Schockierend, dieses Elend… Tatsächlich aber sind die Freien ziemlich erfolgreich. Der Anteil der Aufstocker an allen Erwerbstätigen liegt nämlich bei 3,7 Prozent, das ist etwa ein Viertel höher als bei den Selbstständigen.

 

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Geschäft,Kollegen

Presseschau

Heute möchte ich auf zwei lesenswerte Artikel aufmerksam machen.

In der taz schreibt Anne Haeming unter dem Titel “Einer für die Kleinstadt” über einen Journalisten namens Klaus Fischer, der ganz allein den Lokalteil Ettenheim der Badischen Zeitung produziert. Der Artikel beschreibt sehr anschaulich, wie es zugeht beim Alleinarbeiten, schildert Einsamkeit und Freiheit. Man lernt übrigens auch was über die – leider frustrierende – Arbeitsrealität mancher Medienschaffenden.

Spiegel online hat ein Interview mit dem Chef des Berliner Cafés St. Oberholz, Ansgar Oberholz. Vorwarnung: Darin geht es weder ums Alleinarbeiten, noch präsentiert sich Ansgar Oberholz als Einzelkämpfer. Aber das St. Oberholz ist ein berühmter Ort für Allein-Arbeiter, denn war eines der ersten Cafés mit Internetzugang, und hier sitzt die Laptop-Generation, bis vor einiger Zeit “digitale Bohème” genannt. Wie unplanmäßig alles angefangen hat, ist in dem Interview nachzulesen. Anlass: Oberholz hat ein Buch geschrieben über sein Café.

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Denken,Kollegen

Coworking: Nur manchmal kreativ

Einen differenzierten Blick auf Coworking hat Janet Merkel, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), entwickelt.  Sie hinterfragt, ob es in den Coworking-Spaces wirklich immer so kreativ und kommunikativ zugeht, ist im Interview auf changeX zu lesen.

 

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Arbeiten,Denken

Ist Homeoffice peinlich?

Bei Unternehmenskick fragt Gitte Härter in einem Selbstcheck-Katalog unter anderem: “Schämen Sie sich für Ihr Home-Office?”

Diese Frage habe ich im ersten Moment überhaupt nicht verstanden. Was könnte peinlich sein an einem Homeoffice? Im Gegenteil reagieren doch viele Menschen mit einer gewissen Bewunderung, denn sie wissen, dass es eine Herausforderung für Disziplin und Selbstorganisation sein kann, zuhause zu arbeiten. Vielleicht ist auch die Frage, wie man es mitteilt, dass man zuhause arbeitet. Wer drucksend damit herausrückt, erweckt eher Mitleid, klar. Aber wieso sollte man drucksen?

Inzwischen ist es doch sogar ein Zeichen einer gelingenden Karriere zu wählen, wo man arbeitet. Menschen, denen der Arbeitgeber oder Auftraggeber nicht diktiert, wann sie im Büro sein sollen, haben etwas geschafft. Die Freiheit, die man ihnen lässt, zeigt, wie ihre Arbeit geschätzt wird.

Ich kenne überdies keinen Fall, wo ein Homeoffice eine Notlösung wäre, oder, anders formuliert: Wer davon genug hat, findet über kurz oder lang immer eine praktikable Bürolösung, auch wenn die Kosten schlank bleiben sollen.

Dass die Frage nach dem Schämen aber doch eine Berechtigung hat, wurde mir klar, als ich an Besucher dachte. Geschäftspartner oder Kunden zu empfangen ist zuhause natürlich etwas anderes als in einem Bürohaus. Da kann, wenn das Homeoffice sehr persönlich und privat ist, natürlich ein gewisser Vorbehalt entstehen.

Andererseits habe ich auch schon sehr lausige Büros und Geschäftshäuser gesehen, solche, die man betritt und wo man denkt: Die armen Menschen, die jeden Tag in diesem Gebäude arbeiten müssen – welch Glück, zuhause bleiben zu dürfen.

 

 

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Alltag

Die coolste Zeit zum Eindruck schinden ist…

…der frühe Morgen.

Arbeitsexzesse vortäuschen, indem man Mails zu nachtschlafender Zeit abschickt: Das ist ein ziemlich alter Trick, zugegeben. Aber er funktioniert immer wieder – zumindest, wenn die Mail frühmorgens rausgeht. „Um viertel nach sieben sind Sie schon am Schreibtisch, wow!“, hörte ich schon häufiger.

Was ich noch nie hörte, ist: „Um 0.30 Uhr sind Sie noch am Schreibtisch, wow!“.

Daraus lässt sich zweierlei schließen:

Entweder, um 0.30 Uhr noch am Schreibtisch sitzen, ist nichts Besonderes, das tun wir alle ständig.

Oder es ist total peinlich, um 0.30 Uhr noch am Schreibtisch zu sitzen, und man outet sich damit als langsam arbeitend und desorganisiert.

Den Nachteulen gegenüber ist das alles ein bißchen ungerecht, doch wie auch immer: Vorsichtshalber wende ich den Arbeitsexzessevortäuschentrick lieber morgens an.

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Alltag,Selbstmanagement | 4 Kommentare

Kollege Ich porträtiert…

ProFirma hat eine Serie gestartet über “Blogs für Unternehmer”, und da gibt es auch ein Porträt von Kollege Ich.

Autorin: Gudrun Sonnenberg | Themen: Arbeiten